Extreme Hitzewelle in Indien und Pakistan hat „ernsthafte Bedrohungen“ zur Folge
Eine extreme Hitzewelle in Indien und Pakistan lässt die Stromversorgung kollabieren – Kraftwerke können nur noch „weniger als einen Tag“ laufen.
Neu Delhi – „Die Situation in ganz Indien ist verheerend“, sagte Arvind Kejriwal von der Regionalregierung der Hauptstadtregion. Er warnte vor den möglicherweise dramatischen Auswirkungen von anhaltenden Stromausfällen in Krankenhäusern und der U-Bahn Neu Delhis.
Enorme Hitze ist zwar grundsätzlich nichts Ungewöhnliches in Südasien, derzeit bricht sie jedoch viel früher als sonst über die Region herein. Hunderte Millionen Menschen brüten in Nordindien und Pakistan unter einer für April beispiellosen Hitze. Die Temperaturen betrugen vielerorts bereits mehr als 45 Grad und könnten am Wochenende die Marke von 50 Grad überschreiten, wie eine Sprecherin der Weltwetterorganisation (WMO) sagte.
Derart hohe Temperaturen werden sonst oft erst im Mai oder Juni erreicht. Die frühe Hitzewelle sei ein Warnsignal für das, was im Sommer noch kommen werde, sagte Direktor Dileep Mavalankar vom Indian Institute of Public Health Gandhinagar. Nordwest- und Zentralindien hätten damit den heißesten April seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 122 Jahren erlebt, sagte der Leiter der indischen Wetterbehörde. Die Wissenschaft führt die zunehmenden und intensiveren Hitzewellen auf den Klimawandel zurück.
Hitzewelle in Indien und Pakistan: Rekordtemperaturen sind „ernsthafte Bedrohungen“
Erst Anfang der kommenden Woche sei ein Abflauen der Hitze in Sicht. Gekoppelt mit der hohen Luftfeuchtigkeit in der Region herrschten dort teilweise Zustände, bei denen die Menschen an ihre Anpassungsgrenzen stießen, sagte Klimaforscher Erich Fischer aus Zürich dem Schweizer Sender SRF.
Bei über 45 Grad lagen die Temperaturen in dieser Woche auch in Pakistan. Im ländlichen Sindh waren nach Angaben der pakistanischen Wetterbehörde sogar 48 Grad gemessen worden. Der März dieses Jahres war demnach der bislang heißeste seit dem Jahr 1961.
Pakistans Klimaministerin Sherry Rehman warnte vor „ernsthaften Bedrohungen“ für die öffentliche Gesundheit und die Landwirtschaft durch die „extremen Temperaturen in diesem Jahr“. Besonders dramatisch sind die hohen Temperaturen für gläubige Muslime in der Region, die wegen des Fastenmonats Ramadan tagsüber auf Essen und Trinken verzichten.
Indien und Pakistan: Hitzewelle beeinträchtigt Stromversorgung
Die extreme Hitzewelle in Indien und Pakistan lässt zunehmend auch die Stromversorgung in beiden Ländern kollabieren. Während aus einigen pakistanischen Städten Stromausfälle von bis zu acht Stunden gemeldet wurden, warnten die Behörden in Neu Delhi am Freitag (29. April), dass sie viele Kraftwerke nur noch „weniger als einen Tag“ laufen lassen könnten.

In den nord-indischen Bundesstaaten Rajasthan, Gujarat und Andhra Pradesh verordneten die Behörden Stromabschaltungen in Fabriken, um auf den hohen Verbrauch durch Klimaanlagen und Ventilatoren zu reagieren. Medienberichten zufolge gab es in Elektrizitätswerken auch Engpässe bei der Versorgung mit Kohle – dem bis heute wichtigsten Rohstoff für die Stromproduktion in Indien.
Rund zehn Prozent der Weltbevölkerung leben in der Region, die eine der am dichtesten besiedelten der Welt ist. Die Menschen leben eng beieinander, die Luftverschmutzung ist groß, die Nächte heiß. Viele Menschen haben keine Möglichkeit, sich abzukühlen. Wenn die Hitzewellen länger anhalten, könnten Menschen ohne Zuflucht in klimatisierte Räume dort bald nicht mehr leben. Seit 2010 starben in Indien mehr als 6500 Menschen an Hitze-Folgen.
Hitzewelle in Indien und Pakistan: „Furchtbares Wetter im April“
„Es ist das erste Mal, dass ich so furchtbares Wetter im April erlebe“, so die 30-jährige Hausfrau Somya Mehra aus Neu Delhi. „Ich habe damit aufgehört, mein Kind nach draußen zum Spielen zu schicken“, sagte sie.
Inmitten der gefährlichen Hitzewelle kämpfte Indiens Feuerwehr gegen einen Großbrand auf einer Mülldeponie in der Hauptstadt Neu Delhi. Rund 30 Feuerwehrleute waren gegen das vor drei Tagen ausgebrochene Feuer im Einsatz. Das Feuer hatte einen 60 Meter hohen Müllberg in Brand gesetzt. Es ist bereits der vierte Brand auf einer Mülldeponie in Neu Delhi binnen eines Monats. Experten befürchten, dass das ungewöhnlich heiße Wetter die Zersetzung des Mülls anheizt und dadurch noch mehr leicht entzündliches Methangas freigesetzt wird.
Die Hitze hat unter anderem Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Durch die hohen Temperaturen verlagern zudem Leute, die es sich leisten können, das Leben während der heißesten Stunden am Tag möglichst nach drinnen. Sie halten sich dann lieber nur am frühen Morgen oder am Abend draußen auf. Einige versuchen in den Bergen ein kühleres Plätzchen zu finden. (na/dpa/afp)