+++ 22.55 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte im ZDF-heute-journal ein baldiges Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an. Er werde „in Kürze in Moskau weitersprechen über die Fragen, die da notwendig sind“, so Scholz am Mittwoch. Das genaue Datum werde noch bekannt gegeben. Auf die Frage nach einem möglichen Krieg in Europa antwortete der Bundeskanzler: „Die Lage ist sehr ernst, und man kann auch nicht übersehen, dass sehr viele Soldaten und Truppen an der ukrainischen Grenze aufmarschiert sind.“ Dies alles könnte „die Voraussetzung für eine solche militärische Aktion sein“, sagte Scholz.
Es sei deshalb wichtig, „dass wir sehr klar sind in dem, was wir sagen und in dem, was wir vorbereiten, nämlich dass es einen sehr hohen Preis haben würde, die territoriale Souveränität und Integrität der Ukraine zu gefährden, dort militärisch anzugreifen“, fügte Scholz hinzu. Er äußerte sich außerdem zu den Vorwürfen eines mangelnden Engagements Deutschlands im Ukraine-Konflikt. „Unsere Verbündeten wissen genau, was sie an uns haben“, erklärte er. „Wir sind diejenigen, die einen ganz hohen militärischen Beitrag im Rahmen unseres Verteidigungsbündnisses, der Nato, leisten.“ Deutschland sei zudem das Land, „das die größte Hilfe für die Ukraine in den letzten Jahren auf den Weg gebracht hat“. Fast zwei Milliarden Euro seien mobilisiert worden, um die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Ukraine zu stabilisieren.
+++ 20.15 Uhr: Inmitten der Ukraine-Krise schicken die USA rund 2000 Soldaten nach Deutschland und Polen. Die Bundesregierung wertete die US-Ankündigung „als klares Zeichen der Solidarität der USA angesichts der derzeitig angespannten Lage durch die außerordentlich hohe und weiter ansteigende russische Truppenkonzentration an der Grenze zur Ukraine“, wie eine Regierungssprecherin erklärte.
Die Krisendiplomatie im Ukraine-Konflikt läuft inzwischen seit fast einem Monat, ein Durchbruch zeichnet sich bislang aber nicht ab. Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine besuchten in den vergangenen Tagen mehrere Vertreter von Nato-Staaten das Land. Einen Tag nach dem Besuch von Großbritanniens Premierminister Boris Johnson in Kiew kam am Mittwoch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in der ukrainischen Hauptstadt mit Präsident Wolodymyr Selenskyj zusammen.
+++ 17.44 Uhr: Die USA schicken wegen der angespannten Lage in der Ukraine-Krise militärische Verstärkung nach Deutschland und Osteuropa. Wie das Pentagon am Mittwoch mitteilte, sollen 2000 Soldaten vom Stützpunkt Fort Bragg im Bundesstaat North Carolina nach Deutschland und Polen verlegt werden, 1000 derzeit im bayerischen Vilseck stationierte US-Soldaten werden demnach nach Rumänien entsandt. Während westliche Regierungsvertreter der Ukraine erneut Unterstützung zusicherten, stellte sich China nach Kreml-Angaben hinter Russland.
„Die derzeitige Lage macht es erforderlich, dass wir die Abschreckungs- und Verteidigungshaltung an der Ostflanke der Nato stärken“, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Präsident Joe Biden habe klargemacht, dass die USA auf die „wachsende Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität Europas antworten“ würden.
Kirby betonte zugleich, dass es sich nicht um „dauerhafte“ Truppenverlegungen handle. „Außerdem werden diese Soldaten nicht in der Ukraine kämpfen“, betonte er. Die Ankündigung kam einen Tag, nachdem Kremlchef Wladimir Putin eindrücklich vor den Folgen einer weiteren Ost-Ausdehnung der Nato gewarnt hatte – insbesondere durch eine mögliche Aufnahme der Ukraine in das Bündnis.
Aus Moskau gab es prompt zornige Reaktionen. Vize-Außenminister Alexander Gruschko sprach von einem „destruktiven Schritt“. Die Spannungen würden erhöht, der Spielraum für politische Entscheidungen werde verengt. Wladimir Dschabarow vom Föderationsrat - dem Oberhaus des Parlaments - sprach von einer Provokation.
+++ 15.55 Uhr: Der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba hat einen Sonderstatus für die umstrittene Donbass-Region kategorisch ausgeschlossen. Das sagte der Außenminister der Ukraine in einem Interview laut Informationen der russischen Nachrichtenagentur Tass.
„Keine ukrainische Region wird ein Vetorecht bei nationalen staatlichen Entscheidungen haben. Das ist in Stein gemeißelt! Es wird keinen Sonderstatus geben, wie Russland ihn sich vorstellt, kein Stimmrecht“, sagte er. Man führe eine „tiefgreifende Dezentralisierungsreform“ durch und sei bereit, an der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zu arbeiten.
Die Minsker Vereinbarungen basieren auf einer friedlichen Beilegung des Konflikts in der Donbass-Region. Das beinhaltet die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Beziehungen, den Rückzug der Streitkräfte sowie eine Amnestie.
Der Donbass-Konflikt ist eine Folge der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014. Seitdem kommt es dort zu bewaffneten Auseinandersetzungen.* Bisher wurden die Minsker Vereinbarungen nicht durchgesetzt.
+++ 13.32 Uhr: Die USA und die Nato sind offenbar bereit, Russland in der Ukraine-Krise entgegenzukommen. Das soll das Verteidigungsbündnis und dessen wichtigstes Mitglied in einer schriftlichen Antwort auf die Forderungen der Regierung von Wladimir Putin so formuliert haben. Darüber berichtet hatte zuerst die spanische Tageszeitung El Pais.
Der Zeitung liegen demnach Kopien der vertraulichen Antwort der Nato vor. Die Echtheit der Dokumente wurde von einem russischen Diplomaten gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti bestätigt. Das Bündnis soll Russland demnach ein Abrüstungsabkommen vorgeschlagen haben, um die Ukraine-Krise ohne kriegerische Auseinandersetzungen zu lösen. Die Forderung des Kreml nach einer Garantie, dass die Ukraine nicht Teil der Nato wird, lehnt diese weiterhin ab. In zwei Dokumenten, die El Pais auf seiner Website veröffentlichte, signalisieren die Westmächte dafür Gesprächsbereitschaft in anderen Sicherheitsfragen in der Region.
+++ 11.25 Uhr: Die Ukraine ist bestrebt, in den nächsten drei Jahren ihre Armee um 100.000 Soldaten zu verstärken. Dies kündigte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Angaben des Portals Newsweek am Dienstag (01.02.2022) an. Selenskyj sagte, das von ihm unterzeichnete Dekret zu Aufrüstung habe nichts damit zu tun, dass bald ein Krieg bevorstehe, sondern damit, dass in der Ukraine Frieden herrsche. „Wir müssen diejenigen schützen, die uns schützen“, sagte er nach Angaben des ukrainischen Nachrichtensenders Espreso TV vor dem Unterhaus des Parlaments, der Rada.
Selenskyj führte weiter aus, er habe mit Vertretern von 80 Ländern und internationalen Organisationen gesprochen, die die Ukraine in der Pattsituation mit Russland einseitig unterstützt haben.
Update vom 02.02.2022, 04.50 Uhr: Im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine gehen die diplomatischen Bemühungen um eine Entspannung der Lage in die nächste Runde. Der britische Premier Boris Johnson will am Mittwoch (03.02.2022) mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefonieren. Das Gespräch war zunächst für Montag angesetzt, kam aber aufgrund der innenpolitischen Probleme Johnsons zunächst nicht zustande. Der niederländische Premier Mark Rutte hat derweil einen Besuch beim ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj geplant. Johnson war dort bereits am Dienstag vergangener Woche zu Gast.
+++ 21.50 Uhr: Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach am Dienstag (01.02.2022) in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen Antony Blinken über die Ukraine-Krise. Blinken habe dabei auf eine „sofortige russische Deeskalation und den Rückzug von Soldaten und Ausrüstung von den Grenzen zur Ukraine“ gepocht, so berichtete der US-Außenamtssprecher Ned Price im Anschluss. Ein russischer Einmarsch im Nachbarland hätte „rasche und ernsthafte Konsequenzen“, warnte Blinken demnach.
Lawrow äußerte sich laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung in einem Brief an die westlichen Staaten. Er warf ihnen demnach vor, ihre Sicherheit auf Kosten Russlands zu verstärken, was gegen bestehende internationale Verträge und das Prinzip der Unteilbarkeit von Sicherheit verstoße.
Im Gespräch mit Lawrow habe es keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass Russland zu einer Deeskalation der Lage bereit sei. Das erklärte ein Vertreter des US-Außenministeriums, der anonym bleiben wollte. Lawrow wiederum warf dem Westen nach dem Gespräch vor, „seine Verpflichtungen nicht oder nur selektiv zu seinen Gunsten“ zu erfüllen. Die beiden Außenminister hatten sich Ende Januar bereits persönlich in Genf getroffen – ohne einen Durchbruch zu erzielen.
+++ 20.38 Uhr: Russlands Präsident Wladimir Putin warf dem Westen am Dienstag (01.02.2022) vor, die Sicherheitsbedenken Russlands zu ignorieren. Dabei würde der Westen die Ukraine als Instrument zur Eindämmung Russlands benutzen. Das sagte Putin während eines Gesprächs mit Ungarns Premierminister Viktor Orban. Putin hoffe trotzdem, dass eine Lösung gefunden werden kann.
Damit reagiert der russische Präsident erstmals seit Wochen persönlich auf den anhaltenden Ukraine-Konflikt. „Es ist bereits klar, dass grundlegende russische Bedenken letztlich ignoriert wurden“, sagte Putin vor Reportern nach Gesprächen mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orban in Moskau.
Putin wiederholte die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien gegen eine Nato-Expansion nach Westen. „Ich habe den Eindruck, dass es den Vereinigten Staaten nicht so sehr um die Sicherheit der Ukraine geht. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Entwicklung Russlands einzudämmen“, sagte Putin und nannte die Ukraine „ein Werkzeug, um dieses Ziel zu erreichen“.
+++ 18.45 Uhr: Die Nato könnte in der Zukunft einen neuen wichtigen Verbündeten gewinnen: Katar. Emir Scheich Tamim bin Hamal Al Thani besuchte am Montag (31.01.2022) als erstes Staatsoberhaupt der Golfregion US-Präsident Joe Biden, berichtet der Nachrichtensender CNN. Katar will damit ein deutliches Zeichen setzen, ein wichtiger Akteur auf internationaler Ebene zu bleiben.
Katar spielt dabei im Ukraine-Konflikt eine wichtige Rolle. Das Land ist der weltweit größte Exporteur von verflüssigtem Erdgas. Es verspricht Hilfe für die Notfallplanung der Energieversorgung in Europa, falls Russland in die Ukraine einmarschieren will.
Deshalb will US-Präsident Joe Biden das Land als wichtigen Nicht-Nato-Verbündeten einstufen. „Ich denke, das ist längst überfällig“, betonte der US-Präsident. Staaten, die diesen Status erhalten, genießen unter anderem vereinfachten Zugang zu US-Rüstungsgütern. Weitere Beispiele für Nicht-Nato-Verbündete sind Israel*, Brasilien, Australien oder Ägypten.
+++ 17.36 Uhr: Inmitten der Spannungen des Ukraine-Konflikts hat Russland neue Militärübungen abgehalten. Diesmal fanden militärische Übungen in Transnistrien, der pro-russischen Separatistenregion in Moldawien statt, berichtet die Moscow Times.
Die Operative Gruppe der russischen Streitkräfte (OGRF) hielt der Times zufolge auf ihrem Schießplatz in Transnistrien Übungen zur Brandbekämpfung gegen „Ziele, die eine vorrückende Infanterie und feindliche militärische Ausrüstung simulieren“ ab.
„Die Soldaten übten verdeckte Bewegungen, das Einnehmen von Feuerstellungen und improvisierte Verkleidungen“, erklärte das russische Verteidigungsministerium in einer Erklärung. Dabei soll besonderes Augenmerk „auf die Zerstörung von kleinen Zielen mit maximaler Reichweite“ gelegt worden sein.
Die Ukraine warnte im vergangenen Monat, dass russische Spezialkräfte „Provokationen unter falscher Flagge“ gegen russische Truppen vorbereiten könnten, um eine Invasion der Ukraine zu rechtfertigen.
Transnistrien, dessen 500.000 Einwohner zu einem Drittel ethnisch russisch und zu einem Drittel moldauisch sind, strebt seit seiner Abspaltung von Moldawien im Jahr 1990 den Anschluss an Russland an.
Erstmeldung vom Dienstag, 01.02.2022, 17.09 Uhr: Moskau – Während sich der Konflikt um die Ukraine weiter verschärft, hat der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag (01.02.2022) den ungarischen Regierungschef Viktor Orban* in Moskau empfangen. Zu Beginn des Treffens sagte Orban, sein Besuch in der russischen Hauptstadt sei Teil einer „Friedensmission“. In der EU wolle niemand „Krieg“, betonte er. „Wir sind bereit für eine rationale Einigung.“
Vor dem umstrittenen Besuch hatte der ungarische Verteidigungsminister Tibor Benko deutliche Kritik am Vorgehen der Nato in der Ukraine-Krise geübt. „Es besteht keine Notwendigkeit, 1000 Nato-Soldaten nach Ungarn zu schicken und hier permanent zu stationieren“, sagte Benko in einem am Dienstag in ungarischen Medien veröffentlichten Interview.
Staats- und Regierungschefs dürften in der aktuellen Situation nicht in eine „Kalte-Kriegs-Rhetorik“ verfallen, mahnte Benko. „Niemand möchte eine Situation schaffen, in der die Menschen Angst und Sorgen haben.“
Der Verteidigungsminister spielte damit offenbar auf die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden an, wegen des Konflikts mit Russland zusätzliche US-Streitkräfte in die osteuropäischen Nato-Staaten zu entsenden. Die USA und andere westliche Länder befürchten wegen eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der ukrainischen Grenze einen Einmarsch Russlands ins Nachbarland.
Die ungarischen Oppositionsparteien forderten Orban in einer gemeinsamen Erklärung zur Absage seines Moskau-Besuchs auf. Dieser widerspreche den nationalen Interessen Ungarns, argumentierten die Parteien. Indem er sich mit Putin treffe, ermutige Orban „den russischen Präsidenten indirekt dazu, die derzeitigen Spannungen weiter zu eskalieren“.
Für Verstimmung dürfte Orbans Besuch auch bei seinen engen osteuropäischen Verbündeten sorgen. Gemeinsam mit der rechtsnationalen polnischen Regierung bildet Orban eine innereuropäische Front gegen die EU-Kommission, die sowohl Polen als auch Ungarn Rechtsstaatlichkeitsverstöße vorwirft*. Im Umgang mit Russland verfolgen Warschau und Budapest jedoch entgegengesetzte Ansätze.
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki besuchte als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine am Dienstag deren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Ungarn ist seit 1999 Nato- und seit 2004 EU-Mitglied – der rechtspopulistische Ministerpräsident Orban, von dem auch Donald Trump ein großer Fan ist*, pflegt allerdings deutlich engere Beziehungen zum Kreml als seine viele seiner westlichen Partner. Auch in der aktuellen Ukraine-Krise vertritt Orban eine weichere Haltung gegenüber Moskau*.
Orbans Moskau-Besuch dürfte nicht zuletzt innenpolitisch motiviert sein. Im März 2022 wird in Ungarn ein neues Parlament gewählt. Umfragen sagen ein enges Rennen zwischen Orbans Fidesz-Partei und einem Oppositionsbündnis* voraus. (tvd/AFP) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.