Windkraft-Treffen mit Söder in München: Dissens wird offenkundig - Habeck setzt Bayern zeitliches Limit
Klimaschutzminister Habeck will Söder zur 10H-Abkehr bewegen. Erst einmal soll weiter viel geredet werden. Doch es gibt auch einen Zeitplan. Der News-Ticker.
- Weil sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder* bei der Windkraft querstellt, sucht Klimaschutzminister Robert Habeck den Dialog.
- Bei der Pressekonferenz wurde klar: Bei der 10H-Regel besteht weiter ein Dissens (siehe Updates vom 20. Januar, 9.35 Uhr bis 10.15 Uhr).
- Habeck ging kurz auch auf den Untreue-Verdacht ein (siehe Update vom 20. Januar, 10 Uhr)
- Dieser News-Ticker wird fortlaufend aktualisiert.
Update vom 20. Januar, 15.45 Uhr: Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hält den schnellen Ausbau der Windkraft in Bayern mit „mehreren Hundert“ Windrädern für möglich. Es gehe nicht darum, die umstrittene 10-H-Regelung komplett zu kippen, sondern darum, „vernünftige, gezielte Ausnahmen“ zuzulassen. „Wir wollen maximalen Anwohnerschutz dort, wo Windkraftanlagen nicht hingehören“, betonte Aiwanger nach einem Treffen mit Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne).
Laut dem Chef der Freien Wähler gäbe es im Freistaat genügend Standorte, wo ein vernünftiger Ausbau möglich sei. Derzeit stehen in Bayern nach Aiwangers Angaben rund 1100 Windräder. Damit liegt Bayern als flächenmäßig größtes Bundesland nicht im vorderen Bereich im Ranking der Bundesländer.
Update vom 20. Januar, 10.22 Uhr: Im Streit über den Ausbau der Windkraft in Bayern soll der Freistaat bis März Vorschläge vorlegen, wie die Kapazität trotz der umstrittenen Abstandsregelung hochgefahren werden kann. Das ist das Ergebnis eines Treffens von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag in München (siehe vorherige Updates). Die sogenannte 10H-Regelung in Bayern besagt, dass Windräder einen Abstand von mindestens dem Zehnfachen ihrer Höhe zur Wohnbebauung haben müssen. Mehr Details dazu und zu möglichen Ausnahmeregeln lesen Sie hier*. Habeck sieht die Regelung als Haupthindernis für den stotternden Ausbau der Windkraft in Bayern. Söder hält andere Hindernisse für entscheidender.
Pressekonferenz mit Söder und Habeck zum Nachlesen: „Ich möchte so nicht denken“
Update vom 20. Januar, 10.15 Uhr: Der Pressesprecher will die Konferenz schon beenden, da bittet Habeck noch einmal, einen Satz sagen zu dürfen. Es werden ein paar mehr, doch sie zeigen, wie wichtig dem Grünen-Minister das Thema und der Besuch ist. So geht er direkt auf die Gefühlslage der Bayern ein, zurzeit nicht mehr in der Bundesregierung vertreten zu sein. Auch seinem Bundesland, Schleswig-Holstein, sei es lange so gegangen. „Ich möchte so nicht denken. Ich bin nicht Bundesminister für den Norden, sondern für Deutschland. Gerade in Bayern habe ich mich politisch richtig wohlgefühlt mit der bayerischen Art, die irgendwie auch zu mir spricht, aber darum geht es gar nicht, wie man sich fühlt, sondern es geht darum, welche Verantwortung man hat.“
Wenn Habeck dafür werbe, dass die Windkraft in Bayern ausgebaut werden soll, dann tue er dies aus Sorge vor einer nationalen Versorgungsunsicherheit. Er fürchtet eine „Dynamik, wo die Bundesländer aufeinander zeigen“, einen Kreislauf nach unten. „Da sind wir, wenn wir ehrlich sind. Es gab in der Vergangenheit einen Überbietungswettbewerb nach unten. Wer ist der größte Verhinderer.“ Wenn dieser jedoch den größten politischen Benefit bekomme, „dann können wir den Laden auch dicht machen“. Habeck wirbt dafür, sich dem Notwendigen zu stellen.
Söder versucht auch hier noch einmal die Chance zu ergreifen, das letzte Wort zu haben, mit einer „minimalen Ergänzung“. Bayern spiele immer „offensiv“. Habeck darauf: „Die Offensive will ich im ländlichen Raum sehen, wenn man sich hinstellt, und sagt, es tut mir leid, es ist vielleicht eine Veränderung der Heimat, aber im Endeffekt schützt sie die Heimat.“ Eine herzliche Einladung nach Oberfranken erhält er daraufhin vom bayerischen Ministerpräsidenten Söder.
Bayern-Plan zum Klima bis März erwartet - Wird 10H-Regel vom Bund abgeschafft?

Update vom 20. Januar, 10.10 Uhr: Bis März soll Bayern einen Plan zum Klimaschutz vorlegen. „Ich glaube, das wird vorher passieren“, sagt Söder sogar. Es gibt auch rechtliche Optionen für den Bund, die 10H-Regel abzuschaffen, doch Habeck zeigt sich bei der Pressekonferenz „froh, wenn wir es anders machen“. Söder dazu: „Wenn der Bund es abschafft, dann schafft er es ab und dann werden wir sehen, wie wir damit umgehen.“
Der Bundesminister bietet an, wenn die Ausbauzahlen wieder an Fahrt aufnehmen sollen, in andere Bundesländer zu reisen mit den Worten: „Schaut mal, was die Bayern machen.“ Das dürfte Söder gern gehört haben. In der nächsten Zeit soll jedenfalls viel geredet werden, das ist der Plan. Und das Gespräch sei konstruktiv und sachkundig gewesen, unterstreicht Söder. „Eine Person ist nicht automatisch die ganze Partei“, meint Söder. Mit manchen der Grünen komme er klar. Andere seien „schwieriger“.
Update vom 20. Januar, 10 Uhr: Habeck wird von den Journalisten nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gefragt. Es handle sich dabei um bekannte Vorgänge, auch aus dem Wahlkampf - „insofern mehrfach politisch durchgenudelt“. Und weiter: „Die Staatsanwaltschaft muss, um den Sachverhalt aufzuklären, diese Vorermittlung einleiten, wir kooperieren vollumfänglich. Das ist der normale Dienstweg. Mehr ist dafür nicht zu sagen, das wird sich alles schnell aufklären.“ Später soll Habeck noch einmal antworten zu dem Thema und ergänzt: Die Boni seien zurückgezahlt.
„Für uns ist Wind ein Baustein“: Söder nach dem Treffen mit Habeck
Update vom 20. Januar, 9.55 Uhr: „Für uns ist Wind ein Baustein, aber nicht das einzige Thema“, meint Söder. Viele andere Bundesländer täten sich auch schwer beim Wind. „Könnte daran liegen, dass es vielleicht nicht das beste Pflaster ist“, macht Söder daher deutlich. „Für uns ist klar, 10H ist nicht der Hauptgrund, deshalb glauben wir auch, dass 10H bleiben kann.“ Aber man sei bereit, über Ausnahmen zu reden. Dann soll konstruktiv beschlossen werden, ob „das dann reicht oder nicht reicht“. Dieses Angebot des Bundes begrüßt Söder. Dennoch wird deutlich, dass zwischen Habeck und Söder bei der 10-H-Regel ein Dissens herrscht. Und: „Bei den zwei Prozent sind wir einfach skeptisch“, meint Söder auch noch zu geplanten Flächenzielen für Windkraft. „Das ist zumindest eine ganz große Ambition. „Es ist ein Mega-Thema, es ist ein Zukunftsthema“, aber auch eine „Mega-Herausforderung“ meint Söder zum Klimathema und wünsche Habeck „alles Gute“.
Söder zu Windkraft: „Jeweilige Stärken stärken und Schwächen ausgleichen“
Update vom 20. Januar, 9.50 Uhr: Wichtig für Söder ist, dass regionale Unterschiede beim Klimaschutz akzeptiert werden. „Jeweilige Stärken stärken und Schwächen ausgleichen“, nennt das der Ministerpräsident. Es sei sehr positiv, dass der Bundesminister auf den Dialog setze „und nicht allein auf Hoheitliches“. Eine bayerische Priorität sei, den Stromleitungsausbau voranzubringen. Da werde auch der Bundesminister noch mal mit einer Analyse drüber schauen, heißt es. „Stromleitungen sind für Bayern sehr wichtig“, sagt Söder und spricht aber auch unter anderem die nötige Wasserstoffstrategie an.
Update vom 20. Januar, 9.45 Uhr: Nach dem Statement von Habeck ist Söder dran, und kann sich eine Spitze nicht verkneifen. Er bedankt sich für den Dialog, doch führt aus, dass es in Bayern „Staatsregierung“ statt „Landesregierung“ heiße. „An den Dingen können wir noch arbeiten, das ist glaube ich nicht das Problem“, lacht Söder.
Habeck besucht München: „Entsprechend werden wir hoffentlich auf einen konstruktiven Pfad kommen“
Update vom 20. Januar, 9.40 Uhr: Habeck führt aus, er habe mit Söder über die Gasversorgung in Deutschland geredet. Und: „Wir werden die erneuerbaren Energien massiv ausbauen“, betont er wieder. „Der Ministerpräsident hat mit großer Leidenschaft und Überzeugungskraft dargelegt“, wie wichtig Bayern der Klimaschutz sei und auch Klimaneutralität herzustellen. So müsse aber auch die Windkraft ausgebaut werden. Bis März solle Bayern nochmal darlegen, welche Pläne die Staatsregierung hat. „Wir haben einige Möglichkeiten identifiziert, wo der in Bayern völlig zum Erliegen gekommene Windkraftausbau wieder in Gang gebracht werden kann. Dieser Austausch darüber soll fortgesetzt werden“, sagt Habeck. „Entsprechend werden wir hoffentlich auf einen konstruktiven Pfad kommen“, sodass wieder „ordentliche Zahlen“ darstellbar sind, führt Habeck aus. „Und darauf freue ich mich schon sehr.“
Update vom 20. Januar, 9.37 Uhr: „Wir wollen dem Gast das erste Wort geben“, sagt Söder und bedankt sich aber schnell noch für den Dialog. Auch Habeck spricht einen Dank aus, dass er sich als Bundesminister heute vorstellen konnte - auch so spontan, wie es am Ende war. „Unser Gespräch ist geprägt gewesen von der großen Dringlichkeit“, sagt Habeck zu dem Besuch.
Update vom 20. Januar, 9.35 Uhr: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) treten vor die Presse.

Söder macht Windkraft-Standpunkt klar: „Der Norden hat Wind, der Süden Sonne“
Update vom 20. Januar, 9.15 Uhr: Gegen 9.30 Uhr wollen Markus Söder und Robert Habeck nach ihrem Gespräch vor die Presse treten. Sie treffen sich, um unter anderem über das Thema Windkraft in Bayern zu sprechen. Mit Spannung wird aber auch erwartet, ob sich Noch-Grünen-Chef zu dem Untreue-Verdacht gegen den Grünen-Bundesvorstand äußert. Am Mittwochabend war bekannt geworden, dass die Berliner Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet hat. Grund dafür sind umstrittene Corona-Sonderzahlungen an Mitarbeiter. Auch Habeck und Annalena Baerbock sind im Visier.
Update vom 20. Januar, 8.40 Uhr: Kurz vor dem Treffen mit Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) in München machte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) noch einmal seinen Standpunkt klar: „Wir brauchen beim Strom Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Preisstabilität“, twitterte er. Bayern liege bei erneuerbaren Energien aus Wasser, Sonne und Geothermie vorn. „Bei Wind ist nicht 10H das Problem, sondern die Topographie. Der Norden hat Wind, der Süden Sonne.“
Die 10H-Regel dürfte einer der Knackpunkte des Gesprächs werden. In Bayern führte Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer diese sehr strenge Regel ein: Demnach muss der Abstand eines Windrades zu Wohnsiedlungen mindestens das Zehnfache seiner Höhe betragen (siehe Erstmeldung).
Habeck zu Besuch bei Söder und Aiwanger: 10H-Regel im Fokus
Update vom 20. Januar, 6.30 Uhr: Bundesklimaschutz- und Wirtschaftsminister Robert Habeck besucht an diesem Donnerstag München. Der Grünen-Politiker trifft 8.30 Uhr zunächst Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Bereits für 9.30 Uhr ist eine gemeinsame Pressekonferenz angesetzt. Auch Treffen mit den Landesministern für Wirtschaft, Hubert Aiwanger, und für Umwelt, Thorsten Glauber (beide Freie Wähler), sind nach dem Mittag geplant - Statements soll es dann wiederum um 14 Uhr geben.
Bei BMW informiert sich Habeck zudem unter anderem über die Umstellung der Fahrzeugproduktion vom Verbrennungs- zum Elektromotor. Bereits am Vortag war der Minister bei Bosch in Bamberg zu Gast. Der Grünen-Minister will bis zum Sommer in allen sechzehn Bundesländern Gespräche zu seinen klima- und wirtschaftspolitischen Vorhaben führen.
Kurz vor Habecks Windkraft-Standpauke für Söder: Überraschende 10-H-Ansage aus München

Erstmeldung vom 19. Januar: München - Die Grünen gehen auf Krisen-Tour: Kaum ist Außenministerin Annalena Baerbock wieder aus der Ukraine und Russland zurück, muss Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck los – nach Bayern. Weil sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei der Windkraft querstellt und weiter auf die umstrittene 10-H-Regel pocht*, kündigte Habeck vergangene Woche an, „sehr schnell“ nach Bayern zu fahren.
Vorausgegangen war Habecks große Klimaschutz-Ankündigung*. Weil man die Klimaziele im vergangenen Jahr verfehlt habe, kündigte der Vizekanzler am 11. Januar neue Gesetze und den Ausbau Erneuerbarer Energien an – und forderte die Abkehr der 10-H-Regel in Bayern.
Windkraft: Habeck trifft sich mit Söder und Aiwanger zum Krisengespräch in Bayern
Sie besagt einen Windrad-Mindestabstand von mindestens 10 Mal seiner Höhe zur nächsten Siedlung, was den Bau im Freistaat stark erschwert. Die prompte Reaktion aus Bayern: „An der 10-H-Regel wird nicht gerüttelt“, ließ Markus Blume verlauten. Die bayerische Regelung zur Windkraft sichere die Akzeptanz und sorge für Bürgerbeteiligung, erklärte der CSU-Generalsekretär.
Genau eine Woche nach Habecks Ankündigung* ist es dann soweit: Am Donnerstag (20. Januar) trifft sich der Grünen-Chef mit Ministerpräsident Söder und dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Letzterer ließ kurz vor dem Treffen aufhorchen.
Grünen-Chef Habeck zu Besuch bei Söder: Aiwanger meldet sich mit 10-H-Ansage zu Wort
Kurz vor Habecks Bayern-Besuch hat Aiwanger (Freie Wähler) die umstrittene Abstandsregel infrage gestellt. „Es muss nicht immer 10-H sein, häufig reichen auch 1200 bis 1500 Meter Abstand“, sagte Aiwanger dem Handelsblatt. Aiwanger plädierte für Ausnahmen: „Es gibt dafür diverse Möglichkeiten, mit der auch die Bevölkerung gut leben kann.“ Wo die Kommunen und regionalen Planungsverbände schon Windvorranggebiete ausgewiesen hätten oder schon Windräder stünden, könne von 10-H abgewichen werden. Dann stünden „sehr schnell“ große Gebiete für die Windkraft zur Verfügung.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die Regelung zuletzt verteidigt – doch aus Bayern gab es auch andere Töne*. Habecks Plan, zwei Prozent der Flächen für Windkraft zur Verfügung zu stellen, sorgt allerdings auch bei Aiwanger für Unmut. „Eine starre Vorgabe von zwei Prozent nur bezogen auf die Windenergie ist willkürlich und fachlich falsch“, sagte er der Zeitung. Aiwanger kritisierte zudem den seiner Meinung nach zu wenig marktorientierten Ansatz bei Habecks Klimaschutz-Programm: „Planwirtschaft wird uns nicht zur Klimaneutralität führen.“
10-H-Regel in Bayern: Kurz vor Habecks Bayern-Besuch ist Söders Windkraft-Politik „auf dem Nullpunkt“
Zusätzliche Brisanz erhält Habecks Besuch, weil Anfang der Woche bekannt wurde, dass Söders Windkraft-Politik „auf dem Nullpunkt“* angekommen ist. Mit diesen Worten kommentierte der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Martin Stümpfig, Zahlen aus dem Vorjahr: Erstmals seit Einführung der umstrittenen 10H-Abstandsregel sind in Bayern in den ersten drei Quartalen 2021 keine Genehmigungsanträge für neue Windräder gestellt worden.
Im Streit über den Ausbau der Windenergie hat der Bund Naturschutz in Bayern (BN) erneut eine Abkehr von der umstrittenen Abstandsregelung für Windräder in Bayern gefordert. „Für eine stabile und gleichzeitig nachhaltige Stromversorgung auch im Winter benötigen wir in Bayern einen starken Ausbau der Windkraft“, sagte der Vorsitzende Richard Mergner am Mittwoch (19. Januar) in München. Auch im Merkur-Interview betonte Mergner, dass man für Klimaneutralität 6000 bis 10.000 neue Windkrafträder in Bayern benötigen würde – und knallte Söder eine alte Windkraft-Aussage um die Ohren*. (jo/dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA