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Cannabis-Clash im ZDF: Plötzlich ruft Lanz in Richtung Lauterbach — „Nichts in Ihnen kann daran glauben“

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Bei „Markus Lanz“ sah sich Lauterbach wegen der geplanten Cannabis-Freigabe mit einem harten Vorwurf konfrontiert. Dennoch verteidigte er das Vorhaben vehement.

München — Wie blickt China auf die Welt? Und wie blicken wir auf China mit seinen unverändert strengen Corona-Maßnahmen? Diesen Fragen wollte Markus Lanz in seiner Dienstags-Sendung nachgehen. Wenn das chinesische Unternehmen Cosco Anteile am Hamburger Hafen kaufen darf, dann sei das wohl offenbar ein Propaganda-Sieg, will er etwa von der China-Korrespondentin Miriam Steimer wissen.

Markus Lanz mit seinen Gästen in der Sendung vom 1.11.2022
Markus Lanz mit seinen Gästen in der Sendung vom 1.11.2022. © Screenshot: ZDF-Mediathek / Markus Lanz

Sie stimmt zu. „Das ist es definitiv.“ Den Chinesen ginge es hauptsächlich darum, weiterhin mit dem Westen im Geschäft zu bleiben. Der Deal sei „harmlos“, gibt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hingegen zu bedenken, und er sei ja auch „nochmal reduziert“ worden. Eine Bemerkung, die bei Lanz neue Fragen aufwirft. „Warum wurde er dann reduziert?“, fragt er, „wenn er doch so harmlos ist“. Es gebe eine berechtigte Angst vor Abhängigkeit.

China würde Einblicke in wichtige Daten und Dokumente bekommen, und man sehe in anderen europäischen Staaten, wie sich die Dinge entwickeln. Nur Häfen, an denen China beteiligt ist, seien weiterhin im Geschäft und könnten Waren aus China löschen. Lauterbach muss zugeben, dass der Hamburger Hafen-Deal seine Schattenseiten hat: „Das hat natürlich symbolisch eine unvorteilhafte Komponente.“ Das sei „eine schöne Formulierung“, sagt Lanz mit sarkastischem Unterton. „Sie sollten morgen im Auswärtigen Amt anfangen.“

Mit Markus Lanz diskutierten diese Gäste

Auch die unverändert strengen und irrationalen Corona-Maßnahmen in China sind Thema bei Lanz. Er lässt Bilder von Arbeitern einspielen, die zu Tausenden fluchtartig eine Fabrik verlassen, die für den Konzern Apple produziert. Korrespondentin Steimer setzt die unglaublichen Szenen in den Kontext: „Das ist die Propaganda, die den Menschen seit drei Jahren erzählt, wie gefährlich das Coronavirus angeblich ist.“ Die chinesische Regierung mache den Menschen etwas vor und behaupte: „Wir brauchen diese harten Maßnahmen nur, um Menschenleben zu retten.“

Lauterbach nickt. Die Arbeiter würden fliehen, weil sie Angst hätten, in eines der unzähligen Corona-Quarantäne-Lager gebracht zu werden. In diesen Internierungslagern aus tausenden Wohncontainern würden mittlerweile Millionen Menschen ihr Dasein fristen. Die Menschen hätten Angst vor dem nächsten positiven Test und würden deshalb vorsichtshalber fliehen, so Steimer. „Sie wollen einfach nach Hause.“ Nach dem Chinesischen Volkskongress habe sich die Lage noch weiter verschärft. Die Denkweise könne zu einer Gefahr werden. Steimer betont: „Es ist jetzt nicht mehr nur das Land, das Minderheiten unterdrückt, sondern möglicherweise eine viel größere Bedrohung.“ Für den Westen bedeute dies: Weiter im Gespräch bleiben. „Nicht mit China zu reden, ist keine Option.“

Theveßen zum Hamburger Hafen-Deal: „China macht das aus knallharten wirtschaftlichen Interessen.“

Lauterbach weist sicherheitshalber jede Kontaktschuld von sich: „Ich bin noch nie in China gewesen“, sagt er. Auch Russland habe er noch nie besucht. „Ich bin da unverdächtig.“ Lanz beruhigt ihn: „Es wäre nicht schlimm, wenn Sie da gewesen wären.“ Den Hamburger Hafen-Deal hält Lauterbach dennoch für extrem wichtig. Sonst sei die jetzige China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) „überflüssig“. Das wiederum macht Lanz hellhörig: „Vor sieben Minuten haben sie gesagt, es ist eine Kleinigkeit und jetzt war es die Voraussetzung für die Reise?“

Und ZDF-Kollege Elmar Theveßen erklärt: „China macht das aus knallharten wirtschaftlichen Interessen.“ Sie würden Einblick in Daten bekommen, und Europa lasse das einfach zu. Anders die USA. „Die Amerikaner schieben dort einen Riegel vor, wo die Chinesen Druck ausüben könnten. Deutschland wird diese Erfahrung auch machen.“ Eine Folge sei etwa, dass wichtige Stoffe für Arzneimittel gar nicht mehr nach Europa geliefert werden würden. Doch Lauterbach winkt ab: „Wir sind wissenschaftlich nicht auf China angewiesen.“ Alle Stoffe könne man „problemlos auch hier in Europa produzieren“. „Vielleicht in fünf Jahren“, gibt Journalistin Kerstin Münstermann zu bedenken und fragt: „Aber wenn jetzt der Fiebersaft fürs Kind nicht kommt?“

Markus Lanz mit heftigem Vorwurf an Lauterbach — „Sie reden Drogen das Wort“

Mit dem Thema Arzneimittel öffnet sich der Ring für die besonders hitzige Seite dieses Abends: Die geplante Freigabe von Cannabis. Lauterbach verteidigt vehement den Gesetzesentwurf aus seinem Ministerium. Er sei dazu geeignet, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Voraussetzung: Der Preis müsse stimmen, und den müsse daher die Politik festsetzen.

Lanz zeigt sich fassungslos. „Haben wir keine anderen Probleme?“, fragt er. „Warum müssen wir jetzt ausgerechnet das Kiffen freigeben?“ Lauterbach erläutert: „Wir haben eine Zunahme des Cannabis-Konsums und mehr Beimengungen mit Zusatzstoffen, die süchtig machen können. Es könnte nicht schlechter laufen.“ Daher sei jetzt ein Eingreifen des Staates nötig. Steimer kann das nicht nachvollziehen: „Eine Legalisierung als Präventionsprogramm zu verkaufen, das finde ich schon stark“, sagt sie schmunzelnd.

Doch Lauterbach verteidigt seine Linie, und je intensiver er dies tut, desto aufgebrachter wird Moderator Lanz: „Ich spüre, wie Sie die ganze Zeit gegen Ihre eigene innere Überzeugung argumentieren“, unterstellt er dem Minister. Denn Fakt sei doch: „Der Schwarzmarkt wird auch weiterhin Cannabis mit höherer Konzentration anbieten, weil Ihr Zeug möglicherweise nicht so wummst.“ Die geplante Freigabe ist für Lanz allerhöchstens „ein identitätsstiftendes Projekt“, das in den sozialen Netzwerken gefeiert werde und von anderen Missständen bei Corona und Impfung ablenken solle. „Ich habe das Gefühl, dass Sie hier etwas verkaufen müssen. Nichts in Ihnen kann daran glauben. Sie sitzen jetzt hier und reden Drogen das Wort. Weil alle saufen, sollen jetzt auch alle kiffen.“ Lauterbach wirft ein: „Dann dürften 18- bis 25-Jährige auch keinen Alkohol trinken.“ Für Lanz ein willkommenes Stichwort: „Ja, vielleicht sollten wir daran mal arbeiten.“

Markus Lanz: Fazit des Talks

In der teilweise aufgeheizten Stimmung ging ein entscheidender Punkt fast unter. Um nicht als „Cannabis-Minister“ aus dem Abend zu gehen, versicherte Lauterbach, dass er in der aktuellen Energiekrise die Krankenhäuser vor der Illiquidität bewahren will. „Kein Krankenaus wird ein Problem bekommen, weil es die Inflation nicht bezahlen kann“, versprach Lauterbach. Dazu werde der Bund „nennenswerte Summen“ zur Verfügung stellen. Wieviel genau, will er an diesem Mittwoch bekanntgeben. (Michael Görmann)

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