Insider: EU nimmt Gazprom genauer unter die Lupe

Der Ukraine-Konflikt zwischen Russland und der Nato spitzt sich weiter zu. Jetzt mischt auch die EU-Kommission mit.
Brüssel - Die EU-Wettbewerbshüter werden sich angesichts der Gaspreisexplosion* einem Insider zufolge voraussichtlich die europäischen Geschäfte des russischen Gasriesen Gazprom genauer anschauen. Die EU-Kommission werde wohl ihre Nachforschungen intensivieren, sagte eine mit den Überlegungen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.
Es gebe aber noch keine Entscheidung für weitere Schritte. Die EU-Kommission wollte sich dazu nicht äußern. Gazprom reagierte nicht auf die Bitte um Stellungnahme.
Russland weist Vorwürfe zurück
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte im vergangenen Monat berichtet, sie habe Gasunternehmen, darunter Gazprom, wegen der knappen Lieferungen um Auskünfte ersucht. Russland hat Vorwürfe zurückgewiesen, es halte zusätzliche Mengen zurück, die die Gaspreise senken könnten. Russland komme all seinen Lieferverpflichtungen nach. Gazprom hatte erklärt, wenn gewünscht, könne sogar mehr Gas als vereinbart geliefert werden.
Der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, hatte im Januar erklärt, dass Russland zu der angespannten Gasversorgung in Europa beitrage. Im Jahr 2018 waren Gazprom und die EU-Kommission wegen der Preispolitik des russischen Staatskonzerns aneinandergeraten. Gazprom hatte eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent seiner weltweiten Umsätze nur mit der Zusage abwenden können, seine Preisklauseln zu überarbeiten und mehr Wettbewerb zuzulassen.
Von der Leyen: „Sonderbares Geschäftsgebaren von Gazprom“
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte vergangene Woche vermehrt Hinweise auf den Einsatz von Gas-Lieferungen als politisches Druckmittel Russlands aus. „Die Anzeichen, dass der Kreml Gaslieferungen weiterhin als politisches Druckmittel einsetzt, mehren sich“, sagte von der Leyen in einem Beitrag für eine Europa-Konferenz in Berlin.
Dies wirke sich auf die Preise aus. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Gaspreise noch eine Weile auf hohem Niveau verharren könnten. Mehr als 40 Prozent der europäischen Gas-Importe stammten aus Russland. „Und dort gibt es derzeit trotz Spitzenpreisen und überbordender Nachfrage offenbar keinerlei Interesse, die Lieferungen zu erhöhen“, stellte sie fest. „Das ist ein sehr sonderbares Geschäftsgebaren von Gazprom.“
Dies müsse Konsequenzen haben: „Deshalb müssen wir uns davon unabhängig machen und konsequent mit verlässlichen Gaslieferanten arbeiten“, sagte sie. Zum Beispiel baue man mit den USA eine Partnerschaft für Energiesicherheit auf, bei der es vor allem um Flüssiggas-Lieferungen gehe. Auch könnten die Speicher in Europa noch ausgebaut und besser genutzt werden.
Vor allem mache die Entwicklung deutlich, dass man verstärkt auf erneuerbare Energie* setzen müsse. „Jede Kilowattstunde Strom, die Europa mit Sonne, Wind, Wasserkraft und Biomasse erzeugt, macht uns unabhängiger von russischem Gas und anderen Co2-schmutzigen Energieimporten.“ (rtr)
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